"Wir wollen keine Kulisse mehr sein!" Schnell sind sich alle einig. Sie malen ein paar Schilder und basteln Transparente, dann ziehen sie damit gemeinsam durch die Straßen. Rasch verbreitet sich die Nachricht des Streiks. Die Protagonisten von Weihnachten sind es Leid, inhalts- und bedeutungslos missbraucht zu werden. Journalisten berichten eifrig von den Demonstrationen. Seitenweise füllen Sie Magazine mit Fotos der glitzernden Engelsflügel oder Theorien darüber, wie es um die Beziehung von Maria und Josef steht – jetzt, wo Josef nicht mehr der Jüngste ist und auch Maria schon manches graue Haar hat.
Am nächsten Tag ist die Gruppe der Demonstranten deutlich gewachsen. Kirchliche Würdenträger haben sich dazu gesellt. Auch sie klagen über ihre zunehmende Bedeutungslosigkeit und dass sie sich als Zeremonienmeister von beispielsweise hollywoodartigen Traumhochzeiten missbraucht fühlen, denen jeglicher christlicher Inhalt fehlt.
Aus der Presse erfährt man, dass die Bewohner auf den Inseln ebenfalls dagegen demonstrieren, von den Touristen nur als landestypische Kulisse auf ihrer eigenen Insel betrachtet zu werden.
Jeden Tag gehen nun mehr Menschen auf die Straße. Sie alle kämpfen dafür, mehr Beachtung zu finden, in ihrem Wesen ernst genommen und mit ihren Botschaften gehört zu werden. Die Kundgebungen verlaufen friedlich, oft enden sie in kleinen Gesprächsrunden abseits der großen Straßen. Neue Freundschaften entstehen, das Verständnis unter den Menschen für den jeweils Anderen wächst.
Die Heilige Familie beobachtet all das mit Staunen. Das war nicht, was sie erwartet hatten. Niemand kniet anbietend vor ihnen nieder, keine Geschenke werden vorbeigebracht, nicht einmal die alten Lieder werden gesungen. Und doch liegt ein Lächeln auf ihren Gesichtern.
Sie haben die Menschen zusammengebracht. Sie haben Austausch ermöglicht und für Viele neue Perspektiven eröffnet. All das passt gut zur Weihnachtszeit, finden Sie.
Still rollen sie ihre Transparente zusammen und kehren zurück. In ihnen ist die Freude auf das Fest zurückgekehrt. Wenn die Menschen so weitermachen, verspricht es ein Friedensfest zu werden.
inspiriert durch das Advents-Schreibexperiment von Susanne Niemeyer *freudenwort
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